Die Entstehung von Leichengeruch

… ist von vielen Faktoren abhängig

Wenn Sie jemals in Ihrem Leben einmal einen Leichengeruch wahrgenommen haben, vergessen Sie ihn bestimmt nie wieder. Denn der süßliche Moschus-artige Duft, der sich mit alterndem Fleisch vermischt, ist unverkennbar. Für die Entstehung von Leichengeruch sind verschiedene Faktoren maßgeblich, weshalb der Fäulnisgeruch in unterschiedlicher Intensität auftreten kann.

Wie Leichengeruch entsteht

Für den beißenden und typisch süßlichen Charakter von Leichengeruch sind in erster Linie die Duftstoffe Cadaverin und Putrescin verantwortlich. Diese beiden Begriffe stammen aus dem Lateinischen und bedeuten übersetzt „Leiche“ und „faulen“.

Hervorgerufen werden diese beiden ungiftigen Leichengeruch-Duftstoffe durch den Vorgang der Zersetzung von Verstorbenen oder Tierkadavern, bei dem zuerst durch mikrobielle Zersetzung Proteine entstehen, die in Cadaverin, Purescin sowie Amine umgewandelt werden. Für die Entstehung von Leichengeruch spielen aber auch gewisse Schwefelverbindungen eine Rolle.

Obwohl die Duftstoffe ungiftig sind, sollten Sie den Leichengeruch nicht einatmen oder berühren. Denn die schwefelartige und ammoniakalische Verbindungen sowie Methan, die bei Verwesungsprozess entstehen, sind für den Menschen giftig, allerdings nur, wenn sie in einer sehr hohen Konzentration auftreten.

Aus Bestattungsunternehmen weiß man aber, dass die Einatmung von Leichengeruch oder der Hautkontakt von Leichengift keine echte Gefahr für den lebenden Menschen darstellen. Jedoch sollte eine orale Aufnahme, wie beispielsweise durch die Berührung der Leiche und dem anschließenden Kontakt zum Mund oder durch die Kontaminierung von Trinkwasser durch einen Leichnam oder einen Tierkadaver, sind Erkrankungen durch Bakterientoxine möglich.

Höchstwahrscheinlich ist das der Grund, warum von Menschen weltweit der Leichengeruch mit Ekel und Schaudern in Verbindung bringen. Der Leichengeruch soll Menschen davon abhalten, sich an einem Kadaver oder einem Leichnam zu vergiften. Dieses Leichengift ist auch unter der Bezeichnung Ptomain bekannt.

Ptomain steht für die mikrobielle Zersetzung von Ornithin und Lysin durch Decarboxylierung, die bei der Fäulnis von Proteinen entsteht.

Der Leichengeruch in der Forschung

Warum Leichengeruch so unverkennbar einem Leichnam oder einem Kadaver zuzuordnen ist, wollten Forscher schon früh in Erfahrung bringen. Das erste Ptomain wurde im Jahr 1865 von faulenden Leichenteilen isoliert. Der Stettiner Apotheker W. Marquardt beschrieb es damals als eines dem Coniin ähnlichem Liquid. Etwa ein Jahr darauf fanden der Chemiker August Dupré und der Mediziner Henry Bence Jones in tierischen und menschlichen Geweben und Flüssigkeiten eine alkaloidartige Substanz. Diese nannten sie „animalisches Chinoidin“. Etwa drei Jahre später, im Jahr 1869, konnten die Forscher Sonnenschein und Zülzer aus faulenden Flüssigkeiten das erste Ptomain isolieren, das kristallisierende Eigenschaften aufwies. Die Ergebnisse der Forschungen spielten damals vor allem für die Gerichtschemie eine Rolle. Denn körpereigene Alkaloide, die durch den Abbauprozess nach dem Tode entstanden, konnten auf ein Vorhandensein von vermeintlichen Pflanzengiften hinweisen. Man stellt kurz darauf fest, dass auch andere Substanzen am Beginn der Fäulnis gebildet werden. Dies passiert durch die Einwirkung von Bakterien, und zwar noch bevor ein Leichengeruch wahrgenommen werden kann.

Warum der Leichengeruch von Nachbarn nicht unbedingt wahrgenommen wird

Rund um die Entstehung von Leichengeruch gibt es noch weitere interessante Fakten. Oftmals liest man in der Zeitung, dass ein Leichnam in einer Wohnung erst nach Monaten entdeckt wurde, Nachbarn jedoch davon – beispielsweise durch den Leichengeruch – nichts bemerkt haben.

Warum die Aussage solcher Nachbarn durchaus glaubwürdig ist, ist leicht erklärt. Denn die Verwesung findet in einer Wohnung, so, wie sie in einem Grab passiert, nicht statt. Denn in einer Wohnung hat man es oft mit einem trockenen Leichnam zu tun. Ist vielleicht noch Sommer und die warme Luft strömt durch ein gekipptes Fenster in die Wohnung hinein, kann der Leichnam austrocknen, sodass ein Leichengeruch kaum wahrnehmbar ist.

Gleichzeitig kann der Leichengeruch bei einem Verstorbenen aber noch viel intensiver auftreten, als unter anderen Bedingungen. Denn treten Körperflüssigkeiten in Möbel oder Bettzeug ein und der Leichnam verwest unter feuchten Bedingungen, kommt es viel schneller zu einem Anstieg von Leichengeruch.

Für die Entstehung von Leichengeruch spielen also auch die Faktoren der Umgebung eine wichtige Rolle, sodass der Duft der Verwesung unterschiedlich stark auftreten kann.